Die 1909 geweihte Christuskirche am Schröderplatz war 62 Jahre lang fester Bestandteil des Rostocker Stadtbildes. Am 12. August 1971 wurde sie aus kirchenfeindlichen und ideologischen Gründen gesprengt, da sie einem von der DDR-Staatsführung und der Rostocker Stadtverordnetenversammlung geplanten neuen, überdimensionalen „sozialistischen" Stadtzentrum im Wege stand. Obwohl sich die Pläne für ein neues Stadtzentrum auf Grund von finanziellen Engpässen und des Mangels an Baumaterial nicht realisieren ließen, wurde die Christuskirche aus dem Rostocker Stadtbild entfernt.
Das Video zeigt, wie noch kurz vor dem Sprengtag beispielsweise das Dach abgedeckt wurde - Baumaterialien waren Mangelware in der DDR. Bemerkenswert …
Das Video zeigt, wie noch kurz vor dem Sprengtag beispielsweise das Dach abgedeckt wurde - Baumaterialien waren Mangelware in der DDR. Bemerkenswert sind aber auch alltägliche Situationen wie der Verkehr auf dem Schröderplatz vor der Christuskirche, die im belebten Stadtzentrum Rostock zu sehen ist. Busse, Straßenbahnen, Tabis und LKW werden von einem Verkehrspolizisten geregelt. Menschen überqueren die Straßen.
Dann sind Bilder vom der Tag der Sprengung zu sehen. Menschen strömen in Richtung Kirche. Die Volkspolizei riegelt den Bereich ab. Dann die Sprengung. Die Kirche fällt zusammen. Eine Staubwolke bereitet sich aus und es muss sehr laut gewesen sein, denn einige Menschen scheinen von dem Ereignis trotz Warnung überrascht worden zu sein und kommen aus den Häusern.
Danach sind Bilder zu sehen, wie die Absperrungen aufgehoben wurden und Menschen sich den Schutthaufen der zerstörten Kirche ansehen.
Nach der Wende 1989 wurde das Bildmaterial im Pfarrbüro der Christuskirche abgegeben. Der Mann, der es brachte, wollte anonym bleiben. Unbekannt ist auch, wer die Aufnahmen gemacht hat.
Der Vortrag des Historikers Dr. Georg Diederich am 19. April 2021 zu 50 Jahre Sprengung der Christuskirche kann hier im Video angeschaut werden.
„Am 12. August 1971 wurde die Christuskirche in Rostock gesprengt. Fassungslos stand ich als 12-jähriger mit meinen Eltern auf dem Dach im …
„Am 12. August 1971 wurde die Christuskirche in Rostock gesprengt. Fassungslos stand ich als 12-jähriger mit meinen Eltern auf dem Dach im Friedhofsweg 11, dem Haus, in dem wir damals wohnten, und wir sahen von dort diesem Frevel zu. An einem der Tage danach sammelte ich mir einen Stein von dem Gesprengten als Erinnerung und legte ihn in meine Schreibtischschublade.
Vor drei Jahren brachte mir Schwager Uwe vom Holzfällen ein Stück Eiche mit, dessen Struktur ihm zum Verbrennen zu schade war. Sofort war meine Assoziation bei dem Stein in meinem Schreibtisch. Jetzt habe ich die Eiche vom verwurmten Splintholz befreit und beides zusammengebaut." (Wieland Eschenburg)
„Aber die Tage des Gemeindezentrums am Schröderplatz waren, als ich nach Rostock kam, gezählt. Die ganze Dramatik dieser Zeit kann man in dem Buch ‚Aus den Augen – Aus dem Sinn' von Georg M. Diederich nachlesen. Tief erschüttert wurde die Gemeinde und wir alle, als am 12. August 1971 die Kirche gesprengt wurde. Das Gemeindehaus und das Pfarrhaus waren schon vorher beseitigt worden." (Pater Josef Ullrich SJ, Kaplan 1970–72, den gesamten Bericht lesen)
„Schließlich gab es eine Detonation, und in wenigen Sekunden sank das große Gebäude, das mein „Zuhause" war, in einer riesigen Staubwolke in sich zusammen. Bis der entwarnende Ton des Signalhorns zu hören war, wagte ich kaum zu atmen. Dann fragte ich mich, ob ich das alles vielleicht nur träume. Ich hatte noch nicht begriffen, daß die Kirche nur noch ein Trümmerhaufen war … Dann ging ich so nahe wie möglich an die Trümmer heran. Niemand beachtete mich, als ich meinen kleinen Fotoapparat hervorholte und hastig einige Male den Knopf des Auslösers drückte. Mittlerweile wohl wissend, dass ich etwas Verbotenes getan hatte, verbarg ich den Apparat unter meiner Jacke, eilte zu den Trümmern, zog hastig einen ganz gebliebenen Backstein heraus und lief schnell nach Hause. Ich beschloß diesen Stein als Erinnerung an meine Kirche zeitlebens aufzubewahren." (Sigrid Englers, Aus: Georg M. Diederich: Aus den Augen, aus dem Sinn)
Über die Zerstörung der Christuskirche am Schröderplatz in Rostock verfasste Dr. Georg Diederich das Buch „Aus den Augen – Aus dem Sinn". Dieses ist …
Über die Zerstörung der Christuskirche am Schröderplatz in Rostock verfasste Dr. Georg Diederich das Buch „Aus den Augen – Aus dem Sinn". Dieses ist jedoch nur noch antiquarisch erhältlich.
Die Geschichte der Katholiken in Rostock kann in diesem Buch nachgelesen werden: Christuskirche – Katholische Gemeinde in Rostock im Wandel der Zeit.
Gedenkandacht zur Sprengung der alten Christuskirche
Am 12. August um 18.00 Uhr findet am Schröderplatz die jährliche Gedenkandacht am Mahnmal statt. …
Gedenkandacht zur Sprengung der alten Christuskirche
Am 12. August um 18.00 Uhr findet am Schröderplatz die jährliche Gedenkandacht am Mahnmal statt. Bitte beachten Sie, dass vor Ort keine Sitzgelegenheiten zur Verfügung stehen.
Herzliche Einladung!
Im Jahre 1909 wurde am Schröderplatz die erste Christuskirche geweiht. Die größte katholische Kirche Mecklenburgs war ein prachtvoller neogotischer …
Im Jahre 1909 wurde am Schröderplatz die erste Christuskirche geweiht. Die größte katholische Kirche Mecklenburgs war ein prachtvoller neogotischer Klinkerbau, entworfen vom Geheimen Baurat Ludwig Möckel.
Das 42 m lange dreischiffige Bauwerk mit Kreuzschiff verfügte über einen 68 m hohen Turm. Damit gehörte die Christuskirche zu der berühmten Stadtsilhouette Rostocks der Vorkriegszeit.
Im 2. Weltkrieg ging fast die gesamte Innenstadt unter. Auch die Christuskirche wurde stark beschädigt. Unter großen Mühen begann nach 1945 der Wiederaufbau.
Die Kirche entstand in stark vereinfachter Form wieder. Prägend für diese Zeit war das Satteldach auf dem Turmstumpf, das an betende Hände erinnerte.
Der letzte Gottesdienst in der alten Christuskirche am 10. Juni 1971 kann hier nachgehört werden.
Schließlich fiel das Kirchengebäude den überzogenen Stadtplanungen für ein sozialistisches Zentrum zum Opfer. Trotz massiver Proteste wurde die Kirche als ein Akt politischer Willkür am 12. August 1971, zwei Monate nach der Weihe der neuen Christuskirche, gesprengt. Ihr ehemaliger Standort diente bis Anfang der 2010er Jahre als Parkplatz.
Nach Neubebauung des Grundstückes mit einem Hotel wurden 2014 die Umrisse der Kirche in das Gewegpflaster und die Hotellobby eingelassen. Darüberhinaus erinnert seit 2009 ein Mahnmal an die alte Christuskirche.
Die neue Christuskiche am Rande des Lindenparks ist ein moderner Kirchenbau mit angeschlossenem Gemeindezentrum. Das Gebäudeensemble wurde ab 1970 gebaut und bereits am 12. Juni 1971 eingeweiht. Die eigentliche Kirche hat einen quadratisch abgerundeten Grundriss und ist in den Diagonalen zentral ausgerichtet. Das freitragende Dach ist als hyperbolische Schalenkonstruktion aus Stahlbeton ausgeführt. Die Innengestaltung greift die Vorgaben des II. Vatikanums auf. Die leicht erhöhte Altarinsel wird im Halbrund von den Bänken umgeben, die 400 Personen Platz bieten. Die großzügig angelegten Gemeinderäume gestatten ein umfangreiches Gemeindeleben.
(Text: Christoph Hammer, Bilder: Pfarrarchiv)